Gerhard Mehrke
Neu-Ulm
Die Mechanismen, die den gesundheitlichen Nutzen körperlicher
Aktivität vermitteln, sind immer noch lange nicht aufgedeckt. Man
weiß, dass Bewegungsaktivität Auswirkungen auf nahezu alle
Organsysteme hat. So sind bereits verschiedene metabolische
und kardiovaskuläre Zusammenhänge bekannt. Sowohl aerobes
Training (Ausdauersport) als auch Krafttraining senkt die Spiegel
von LDL-Cholesterol und von Triglyceriden (Fetten), die des
HDL-Cholesterols dagegen wird erhöht (erhöhte LDL-Spiegel sind ein
Risikofaktor für Infarkt).
Ausdauersport senkt langfristig die systolischen und diastolischen Blutdruckwerte, aber auch die Ruhe-Herzfrequenz, das Schlagvolumen aber wird gesteigert. Es ist ebenfalls bekannt, dass beim Diabetes Typ II, dem Altersdiabetes, neben kalorienarmer Diät körperliche Tätigkeit eine positive Auswirkung hat und die Symptomatik erheblich bessern kann.
Ziel intensiver Forschungen ist momentan das endokrine, parakrine und autokrine** Potenzial der Muskulatur, das über Zytokine bzw. Myokine (muskelspezifische Botenstoffe*) vermittelt wird. Ein Beispiel ist das Interleukin (IL) 6. Es fördert die Myogenese (Muskelhypertrophie) und den Fettstoffwechsel (Fettverbrennung) in der Muskulatur, wirkt aber auch systemisch, indem es etwa in der Leber die Glukosefreisetzung bei Belastung steigert. Für andere Myokine, deren Freisetzung durch Muskelkontraktion induziert wird, wurde ein Einfluss auf die Funktion des Endothels (Auskleidung der Blutgefäße) oder die Entwicklung von braunem statt weißem Fettgewebe gefunden (braunes Gewebe kann Fett "verbrennen").
Zunehmend wird auch über die epigenetischen Effekte (Modifikation der Erbsubstanz) von körperlicher Aktivität diskutiert. Erste Daten zeigten durch Training bedingte Veränderungen am Chromatin, die sich etwa auf Faserzusammensetzung und Kohlenhydratstoffwechsel in der Muskulatur auswirken.
*Myokine sind
hormonartige Botenstoffe, die von der Muskulatur des Menschen bei
Bewegung ausgeschüttet werden. Sie sind seit 2007 als Unterart der
Interleukine (IL-x), zu den Zytokinen zählende Peptidhormone,
d.h. als körpereigene Botenstoffe der Muskelzellen eingestuft.
** autokrin = Hormone wirken auf die Abgabezelle
selbst -
parakrin = Hormone wirken auf Zellen der Umgebung
des Abgabeortes - endokrin = Hormone werden ins
Blutgefäßsystem abgegeben und wirken an Zellen, die weit entfernt
liegen.