Jodmangel und Intelligenz - Besteht ein Zusammenhang?
Das
Schilddrüsenhormon Thyroxin enthält Jod. Thyroxin
ist während der kindlichen Entwicklung notwendig für eine
funktionelle Entwicklung des zentralen Nervensystems. Der in
früheren Jahrhunderten in verschieden Gebieten häufige Jodmangel
führte zum „Kretinismus“.
Jodmangel wird in vielen Industrieländern erneut
zum Problem. "Wir gehen wieder einem Jodmangel entgegen, der nicht
sein müsste", warnt Helmut Schatz von der Deutschen Gesellschaft für
Endokrinologie (DGE). Jede dritte Schwangere in Deutschland habe
zumindest einen leichten Jodmangel. Der Grund für die schlechter
werdende Versorgung: Seit einigen Jahren liegt naturbelassenes Salz
im Trend, jodärmeres Meersalz wird als natürlicher und gesünder
angepriesen. Zudem verwendet auch die Lebensmittelindustrie
überwiegend nichtjodiertes Salz. Wenn es bei dieser Entwicklung
bleibt, dürfte die WHO Deutschland deshalb bald wieder als
Jodmangelgebiet klassifizieren, auf einer Stufe mit Burundi und
Haiti - ein peinlicher Rückfall.
Bis in die achtziger Jahre verwendeten gerade mal fünf Prozent der
Haushalte Jodsalz. Erst 2007 bescheinigten Experten Deutschland eine
ausreichende Versorgung. Grundlage war seinerzeit eine Studie, die
bei Kindern und Jugendlichen einen Mittelwert von 117 Mikrogramm Jod
pro Liter Urin gemessen hatte - immer noch knapp an der Grenze zum
Mangel, der laut WHO unterhalb von 100 Mikrogramm beginnt.
Daten des Berliner Robert Koch-Instituts (RKI) deuten darauf hin,
dass der Wert zumindest bei Erwachsenen mittlerweile wieder deutlich
darunter liegt. "Wir haben Hinweise, dass er sich verschlechtert
hat", erklärt RKI-Experte Michael Thamm nach Auswertung von über
4000 Proben.
Erschwert wird die Aufklärung der Mediziner durch den wachsenden
Widerstand von Jodgegnern. Als Handlanger der
Salzindustrie wird Thamm in Internetforen verunglimpft. Ein Anrufer
beschimpfte ihn, Jod sei ein Gift, das der Staat über das Salz
loswerden wolle.
"Die Gegner der Jodprophylaxe bilden zwar nur eine kleine Gruppe,
aber sie sind gut vernetzt und organisiert", klagt Thamm. "Die
Jodgegner sind noch schlimmer als die Impfgegner", sagt auch sein
Kollege, der Endokrinologe Gärtner. "Sie stellen ihre Interessen
über das Wohl der Allgemeinheit."
> Lesen Sie den Artikel im
Spiegel über das Thema.
> Original-Artikel von
Remer, T., Johner, S.A., Gärtner, R., Thamm, M., Kriener, E.:
Jodmangel im Säuglingsalter - ein Risiko für die kognitive
Entwicklung
zurück
(Häufig gestellte Fragen)
(oder auch: Hin und wieder gestellte
Fragen)